Bye Bye, Crazy Chick!

Joe Schreiber

(Au Revoir, Crazy European Chick. Jugendroman), Aufbau Verlag, Berlin (2011, 2013)

Gobi, mit vollem Namen Gobija Zaksauskas, und ihr grellbunter Charme

Diese verrückten Europäer! Tarnen sich als unschuldige Austauschschülerinnen, um sich dann einen Otto-Normal-Schüler von der High School zu krallen und auf Killertour zu gehen. Dennoch will uns der Aufbau-Verlag nicht den englischen Titel zumuten:
Au Revoir, Crazy European Chick!

Gobi, mit vollem Namen Gobija Zaksauskas, macht aber auch als bloßes crazy chick aus Litauen eine ausgezeichnete Figur. In der Nacht nach dem Abschlussball der High School wirft sie Perry Stormairs Leben komplett aus der Bahn, das seiner Familie noch dazu, indem sie sich als rachedurstige Feuergöttin Gobija zu erkennen gibt, die in dieser letzten Nacht fünf menschliche Ziele zu erledigen hat. Nicht immer zimperlich, dabei den netten Perry nie aus den Augen verlierend, treibt sie die Geschichte mörderisch rasant an. 

Die Turbulenz, mit der der rote Faden durch das nächtliche New York gezogen wird, ist natürlich Leistung des Autors Joe Schreiber, der derart plastisch und schnell erzählt, dass man sich beim Lesen jeder Seite fühlt, als läse man einen Comic oder sähe einen Actionfilm.

Damit teilt er sich aber auch die Schwächen dieser Medien – teils unlogische Handlungen und Reaktionen, stilisierte Charaktere und übertriebene Effekte. Aber sind das wirklich Schwächen? Gleichzeitig ermöglicht es nämlich eine Geschwindigkeit, die viele Bücher, die spannend sein wollen, vermissen lassen, und entwickelt seinen eigenen, grellbunten Charme durch stärkere Färbung der Personen. Zu den übertriebenen Effekten: Man kann ausufernde Explosionen und Schießereien mögen oder hassen, kann aber Bye, Bye, Crazy Chick! nicht absprechen, dass sie äußerst kunstvoll in Szene gesetzt werden.

Nebenbei bleibt weder die Überwindung jugendlicher Desorientierung noch die Romantik auf der Strecke. So ist jedes Kapitel mit einer Frage aus einem Bewerbungsbogen der zahlreichen Universitäten Amerikas und Englands eingeleitet, die im Kontext der wilden Handlungsfolgen in die Absurdität gezogen werden. Zu Recht! Denn durch simple, massenhaft abzufertigende Fragebögen lässt sich kaum die Komplexität der eigenen Persönlichkeit erfassen. Dieses Verfahren selbst ist, gerade weil es so wichtig ist und viele Weichen für die Zukunft festlegt, reichlich absurd.

Das, was in Bye, Bye, Crazy Chick geschieht, Romantik zu nennen, ist vielleicht ein wenig übertrieben. Dennoch dürfen Gobi (rachsüchtig und emotional) und Perry (irritiert und emotional-verängstigt) ihre Hassliebe ausspielen; nach der beliebten und bekannten Formel ‚lieber Junge trifft böses Mädchen – in diesem Fall eine waffenkundige Amazone – und wird aus seinem gewöhnlichen und beengten Alltag mitten hinein ins abenteuerliche Leben geworfen’.

Und am Morgen danach weiß sowohl Perry wie auch der Leser mehr über sich selbst bzw. welch großartige und verrückte Möglichkeiten das Leben bietet, wenn man sich nicht in die gängigen Muster pressen lässt und nicht jeder Autorität (besonders dem Vater) gefallen möchte.

FAZIT Ein wunderbares, wild-bizarres Buch, das zwar manchmal an kleinen logischen Schwächen kränkelt, aber zu jedem Zeitpunkt großen Spaß macht – wenn man kein allzu zartes Gemüt besitzt, sich schon mal in Filme ab 18 schleicht, in denen Auftragskiller keine Unbekannten sind.“

Tim König, Jugendbuch-Couch, Oktober 2011